Ijsselkrieg
2003 Canonball-Rennen rund um das Ijsselmeer - Niederlande, 05. April 2003 |
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Ijsselkrieg 2003 – Der Canonball der Niederlande Seit je her bin ich großer Fan sogenannter Canonballs, und verfolge diese soweit möglich über die Rollerpresse, vor allem die Bemühungen der Liga Süd haben es mir angetan. Der ausführliche Artikel in der "Scootering" über den letzten Alpen-Canonball tat da natürlich sein übriges. Als ich über das Internet von einem Canonball um das Ijsselmeer erfuhr war klar das keine Mühen aber Kosten gescheut werden, um daran teilzunehmen. |
Vorbereitung ist natürlich alles um erfolgreich an einem
Rennen teilzunehmen.
So machte ich mich kundig worauf so zu achten ist.
Grundlegend ist natürlich
die Wahl des richtigen Fahrzeugs. Da die Niederlande sehr flach sind
und die
Strecke nicht groß durch kleine Innenstädte, sondern
über gerade Landstraßen
verlief, schied eine Vespa auf Grund ihres kippeligen Fahrverhaltens
von
vorneherein aus. Praktisch das ich noch eine DL200 in der Garage hab,
die einen
perfekten und bequemen Geradeauslauf bietet. Da Tuning meistens den
Zeitraum
zwischen den daraus resultierenden, häufiger auftretenden
Pannen verkürzt.,
entschied ich mich mit meinem Originalmotor zu fahren, und die
Reichweite durch
die Anbringung eines Zusatztanks , den ich bei "e-bay" ersteigerte, zu
erhöhen.
So sollte es mir
möglich sein Leute mit schnelleren Rollern, während
diese tanken, zu überholen. Ein Phänomen das man nur
zu gut von
Autobahnetappen auf dem Weg zu Runs kennt. Das Hase und Igel-Prinzip.
Nachdem das Fahrzeug damit ausreichend vorbereitet war, ging es nun
darum den
Fahrer fit zu machen. Da ich nicht zum Tanken anhalten wollte,
wäre es nur
sinnvoll , wenn ich dies auch nicht tun würde um den eigenen
Flüssigkeitshaushalt
zu regeln. Also zog ich 2 Wochen vor dem Rennen jeden Abend durch die
schangeligsten Kneipen des Reviers um zu trainieren mir selber am Bein
runterzupissen. Nach leichten Startschwierigkeiten gelang dies von mal
zu Mal
besser und ich kann fast gar nicht mehr damit aufhören.
Außerdem guckte ich
vor dem schlafen gehen jeden Abend 2 Stunden lang das Video mit dem Mr.
Burns,
Knecht Ruprecht zum Kampfhund ausgebildet hat, um mein
unterentwickeltes
Aggressionspotential zu fördern.
Als drittes galt es noch den Transport zuregeln, da ich auf eine
Anfahrt auf
eigener Achse keine Lust hatte.
Auch hier gilt es von großen, historischen Vorbildern zu
lernen. So las ich
nach das Mercedes-Benz seine Silberpfeile in den 50ern auf einem eigens
entwickelten, blauen Renntransporter zu den Rennstrecken fuhr um die
Gegner mit
der hohen Geschwindigkeit des Transporters alleine zu verunsichern. Wie
gut das
ich einen blauen R4-Kastenwagen besitze, der eventuelle Gegner bestimmt
in Grund
und Boden ängstigen würde.
Nachdem dies alles erledigt war hieß es die wichtigste
Lektion zu lernen- Alles
über den Haufen werfen und umdisponieren- da am Mittwoch vor
dem Rennen die
Buschtrommeln unerwartete Gegner aus Dortmund und Marl meldeten.
Schnell stellte sich heraus , dass ich nicht der einzige Beschmierte
aus dem
Pott bin, der zum "Ijsselkrieg" will, und so bildeten ich eine
Fahrgemeinschaft mit dem selbsternannten "Team Ruhrpott" (eine Idee,
die mich vor Neid erblassen ließ). Ein weiter Interessent aus
Marl erschien
dann doch nicht , weil er die Schnürsenkel falsch zusammen
gebunden hatte oder
so was ähnliches.
So hieß es dann nach
einer Doppelschicht
am Donnerstag und einem spontanen Frühdienst am Freitag bei
strahlendem
Sonnenschein auf in das Land der Tulpen und Trombosen-Destination
Amsterdam.
Abgesehen davon das wir uns nicht richtig einigen konnten wer trinkt
und wer fährt,
verlief die Fahrt mit Oli von den Twisted Pistons und Sven vom LCD
feuchtfröhlich
entspannt.
Amsterdam ist ein ziemlicher Autobahmmoloch, aber das kann Jungs aus
dem Revier
ja nicht schocken. Nach einiger Rumgurkerei fanden wir dann endlich den
Campingplatz, der unter einer Autobahnbrückeninsel lag. Auf
dem Campingplatz
stand eine kleine Halle, die als
Treffpunkt/Frühstücksmöglichkeit/Nighterraum
vorgesehen war.
Und hier saßen schon die internationalen Gegner versammelt.
Unter anderem zu
meiner fröhlichen Überraschung Sticky, der schon den
Alpencanonball gewonnen
hat. Den Abend über versuchte man nun die Anderen betrunkener
zu machen als man
selber war um die Performance des nächsten Tages zu
schwächen. Dies gelang
mehr oder minder gut. Mein AmBeinrunterpiss-Training kam mir hierbei,
aber sehr
zu Gute. Über den Abend trudelten dann noch einige Teilnehmer
ein.
Der nächste Morgen empfing einen mit starkem Nordwind und
eisiger Kälte. Nach
einem kurzen Frühstück begann mit
einstündiger Verzögerung das Briefing. Man
bekam eine kleine Karte einen Stift und einen Zettel mit Fragen die man
auf dem
Weg zu lösen hatte, damit sich niemand an den Kontrollpunkten,
die Eier
abfrieren musste.
Gegen 11 Uhr ging es dann zum Massenstart der 29 Fahrer!!!
Ich hielt mich hierbei im hinteren Drittel des Feldes auf und
orientierte mich
an Jaco, einem Niederländer und Lambrettakumpel um mich aus
Amsterdam
herauslotsen zu lassen. Fröhlich ging es über Radwege
und rote Ampeln raus aus
der City. Schnell zog sich das Feld das hauptsächlich aus
Largeframevespen,
einigen Lamys und einer mit zwei Personen besetzten Maicoletta(!)
bestand
auseinander.
Als Jaco zum tanken abbog fuhr ich weiter Richtung Norden entlang des
Westufers
des Ijsselmeeres unter starkem Gegenwind, aber trockenem Wetter.
Das Team Ruhrpott befand sich zu dieser Zeit vor mir.
Erstaunlicherweise wurde
ich auf der ersten Etappe zwei mal von Sticky überholt und
schon auf diesem Stück
zeigte sich das mein Kartenmaterial nicht ausreichte, um die nicht
geplanten
Baustellen, etc. zu umgehen. Hier zeigte sich auch was für
geniale Menschen,
die Niederländer sind. Bei einer Ortsdurchfahrt kam ich mit
quietschenden
Reifen neben einem Opa zu stehen und fragte diesen hektisch nach dem
schnellsten
Weg gen Norden um eine Straßensperrung zu umgehen . Er guckte
nur kurz auf
meine Karte zeigte den Weg und als ich mit infernalischem Krach und
einem kurzen
–bedankt- abrauschte sah ich ihn im Rückspiegel mit
den Händen klatschen.
Vielleicht der Dorfnarr, aber hochsympathisch!
Beim nächsten Kontrollpunkt traf ich auf das Team Ruhrpott,
welches gerade die
Auspuffhalterung an Svens RAP checkte. Schnell ging es weiter und auch
in diesem
Dorf wurde mir freundlich der Weg gewiesen.
Auf der nächsten Autobahnetappe wurde ich von der DangerSeeker
TS1 überholt,
die auch mit einem Zusatztank ausgestattet war, und so blieb mir nur
die
Hoffnung auf technische Defekte oder eklatante Fahrfehler Carstens.
Da die ohnehin spärliche Bebauung nun immer mehr abnahm,
schlug der Gegenwind
unerbärmlich zu, und meine Kiste lief auf der Bahn nur
unglaubliche 90km/h. Auf
diesem Teilstück gingen auch die meisten Vespen mit
Kupplungs/Motorschäden
hoch. Auf der Mitte des Damms, der über das Meer
führt war der
Hauptkontrollpunkt eingerichtet, bei dem ich mit 5 Min. Abstand auf den
Führenden
Sticky eintraf. Hier wartete auch Jaco, der sich genüsslich
(ein Kippchen
rauchte und mich überholt haben musste während ich in
den Dörfern rumgurkte.
Nach einer kurzen Orientierung ging es sofort weiter, und noch auf dem
Damm überholte
ich zwei Vespen , die am Rand auftankten. Mein Plan schien immer besser
zu
funktionieren!
Auf der Ostseite des Meeres gen Süden stellte sich nun der
umgekehrte Effekt
des Nordwindes ein und die Lamy hatte eine Topspeed, den ich nur aus
205erHonda-Tagen kenne. Das Feld hatte sich nun soweit auseinander
gezogen, das
man lange Zeit keinen Gegner sah. Mit Ausnahme meines Spezialfreundes ,
der eine
heftig getunte rote Smallframe fuhr, gegen die ich
leistungsmäßig kein Land
sah. Irgendwie habe ich ihn abgehängt (Tankstop?) bis ich an
einer
hochgeklappten Schiffsbrücke wieder von ihm eingeholt wurde.
Wenn es nicht Zeit
gekostet hätte, wäre mir vor Wut die Kotze aus dem
Gesicht gesprungen! Nach
der Brücke gab er mir dann die Säge und ich verlor
Meter auf Meter auf ihn.
Nach 220km lief dann mein Zusatztank leer und ich war etwas baff, da
ich die
Spritmenge zwar nicht zu knapp berechnet, aber der
Scheißgegenwind den
Verbrauch doch extrem hoch gepuscht hatte. Also Haupttank an und
weiter. Nach
einer langgezogenen Kurve sah ich mich dann mit einem sehr
interessanten Problem
konfrontiert, da sowohl auf meiner Spur als auch auf der eigentlichen
Fahrspur
diverse PKW frontal auf mich zufuhren. Ein ausweichen auf den Radweg
war auch
nicht möglich, da dieser von Joggern/Radfahrern blockiert war.
Es dauerte ein
paar Sekunden bis ich gecheckt hatte das ich in einen Marathon geraten
war und
die auf meiner Spur befindlichen Fahrzeuge Begleitfahrzeuge der
Marathonläufer
waren. Da auch einiges an "Politie" anwesend war, hieß es
Piano
weiterfahren.
Nach weiteren 15km traf ich dann auf den Mann mit der Smallframe am
Straßenrand.
(Kolbenklemmer). Gegen das übliche Rennverhalten hielt ich an
um zu Fragen, ob
er Hilfe braucht. Da nix zu machen war fuhr ich dann gegen mich alleine
weiter.
Inzwischen war ich auf der Südseite des Meeres angelangt und
die Wolken, die
sich immer mehr zugezogen hatten, brachen auf und der blaue Himmel
brach durch während
einem leicht die Gischt gegen den Helm flog, wenn man nah an der
Deichkante
fuhr. Großartig! Hier begann nun der bescheidenste Teil des
Rennens für mich,
da ich mich in einigen Käffern verfranste
und die Sorge um meinem Spritvorrat exponential mit der
Kilometerleistung stieg.
50km vor dem Ziel entschloss ich mich daher eine Tanke anzulaufen, die
aber
nicht so leicht zu finden war.
Dann ging es auf die letzte Autobahnetappe Richtung Amsterdam, auf der
Carsten
seine Siegchance verspielte, als er in die falsche Richtung auf die
Autobahn
fuhr, was den hinter ihm liegenden Sticky sehr verwirrte. Auf der
Autobahn hatte
ich dann noch eine Zeit lang ein Begleitfahrzeug in Form einer
Bullen-BMW, der
sich offensichtlich sehr für meine Zusatztanktechnik
interessierte. Zum Glück
wurde ich nicht angehalten, denn das hätte mich zeitlich noch
weiter zurückgeworfen.
An einer Tanke sah ich dann das Team Ruhrpott, das mich irgendwo
Überland überholt
haben musste.
Bei der Ankunft in Amsterdam selber verfranste ich mich dann noch auf
der Suche
nach dem Campingplatz, da ich einen ausgeschilderten anfuhr, welcher
aber nicht
der Richtige war und die Zufahrt zu dem Eigentlichen von einer Seite
gesperrt
war. Dies ärgerte mich ziemlich, da ich dachte ich
würde noch auf den letzten
Metern vom Team Ruhrpott abgezogen. Die Zieleinfahrt war dann sehr
spaßig, da
man gefilmt wurde, und ich war baff wie viele Roller vor mir angekommen
waren.
Etwas über eine Stunde hatte ich auf den Ersten Sticky (Speed
Demons SC)
verloren, im Gegensatz zu den
5 Min. am
Checkpoint auf der Hälfte der Strecke. Carsten (Danger Seeker
SC) hatte den
Zweiten gemacht! Und Jaco war natürlich auch schon da und
rauchte ein Kippchen.
Etwas über 4h45min reichten für Platz 11. Das Team
Ruhrpott ereilte auch mein
Orientierungsschicksal und trudelte 40min. nach mir ein.
Insgesamt 28 Starter- 18 angekommen (5 Vespen geplatzt, darunter auch Jensens vom Twisted Pistons SC; Beileid, alle Lamys sind durchgekommen- soviel zum Thema Zuverlässigkeit!) und ein Tag voller Adrenalin, toller Landschaft und Glücksgefühlen.
Meine persönlich liebste Statistikauskunft – Drittschnellste Lamy –
Nach
einem
kurzen Ausflug mit Frank, einem Tomy der in der Nähe von
Amsterdam lebt, um zu
essen, etc., ging es dann auf den abendlichen Nighter, der nicht so
üppig
besucht war, was den an dem Rennen teilnehmenden egal war, da man
über persönliche
Rennstorys sprach. Um 23.15Uhr trudelte dann noch der härteste
Rochen ein. Ein
junger Mod aus Amsterdam war geschlagene 12.15min. auf seiner 50er
Jahre-Vespa
gefahren ohne aufzugeben! Maximaler Respekt!!!
Durch einsetzende Erschöpfung und Überdosierung von
Rauchwaren war ich dann
reif für das Nachtlager! Wenn ich es richtig verstanden habe,
hat dann noch der
Sieger in der Haltung eines englischen Edelmannes auf sein Sieggeld
verzichtet,
da die Abendveranstaltung, die Ausrichter finanziell
überfordert hätte. Wer
bei einer Wiederholung des Rennens, die Möglichkeit hat
mitzufahren, sollte
sich dies auf keinen Fall entgehen lassen.
Mein ganzer Dank geht hierbei an den AMSTERDAM CLASSIC SCOOTER CLUB, http://www.amsterdamvespaclub.com,
der die Sache ausgerichtet hat. Insbesondere
Bart Phillips, Jeroen Mooij, Johan Groen,
John van Tuyll, Edo
Schubert, die
einen als Freunde empfangen haben.
Dank natürlich auch an das Team Ruhrpott, meinen
Öl-Sponsor PLANET
SCOOTER, Jaco, John & Oli für die Photos,
und natürlich an alle die
nach mir in das Ziel kamen und mit dieser Geste mein Glück
steigerten.
Abschließen möchte ich mit einem kleinen Zitat aus
einer Rezension über das
Buch Canonball von Brock Yates (dem Veranstalter des 70er Originals)
“Canonball! Ist ein Bericht aus einer längst
vergessenen Zeit, als Männer
noch Männer waren, Autos noch keine abgasgedämpften
Wattebäuschlein und der
Westen noch lockte“
Danke – Eure Klara Himmel