Einbau vollhydraulische Scheibenbremse 'Lambretta' |
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Es gibt wohl kaum ein klassisches Zweirad, für das so viele Neuprodukte entwickelt werden, wie für die Lambretta. Nachdem das Augenmerk der meisten Leute jahrelang hauptsächlich auf Modifikationen im Motorenbereich lag, setzt sich nach und nach mehr die Erkenntnis durch, dass man die gewonnene Leistung auch auf die Straße bringen und vor allem kontrollieren will! |
Neben den diversen Upgrades, die es für das Fahrwerk gibt,
stehen
Scheibenbremsen hierbei hoch im Kurs. Zwar führte Innocenti
als erster
Zweiradhersteller weltweit Scheibenbremsen in einem
Großserienfahrzeug ein (TV
175/3), doch waren diese den Premium-Modellen vorbehalten und
überzeugen bei
unkorrekter Wartung/Einstellung nicht zu hundert Prozent.
Mit den Originaltrommeln lassen sich bei korrekter Montage erstaunlich
gute
Ergebnisse erzielen, doch halten sie mit einer hydraulischen Bremse,
gerade was
den exakten Bremspunkt angeht, nicht mit, bieten aber für die
Schraubfaulen,
den nicht zu vernachlässigenden Vorteil der großen
Wartungsarmut.
Wer sich für eine Scheibenbremse entscheidet, steht nun vor
einer großen
Auswahl.
Bei
allen im folgenden
beschriebenen Anlagen besteht die Möglichkeit die Systeme
semi- oder
voll-hydraulisch zu fahren. Zum ersteren werden Leute tendieren, die
den Lenker
optisch möglichst original erhalten wollen (und
hierfür den Hauptbremszylinder hinter die
Kaskade verlegen), zum zweiten diejenigen, die das Maximum aus der
Anlage
holen wollen und dafür "optische Defizite" in Kauf nehmen.
INNO-REPLIKA-SACCHI |
Nachdem
Originalbremsen jahrelang in Gold aufgewogen wurden,
gibt es
inzwischen die Originalscheibe als Repro von Tino Sacchi, welche auch
auf
Hydraulik umgerüstet werden kann, und neben der tollen Optik
eine zentrale
Scheibe bietet (= gleichmäßige Belastung der
Forklink-Buchsen). Nachteil ist,
dass man für Trommelbremsmodelle entsprechende Forklinks
benötigt, deren
Fertigungsqualität anscheinend stark variiert (bzw.
zeitaufwendig
nachzuarbeiten sind). Für denjenigen, der möglichst
nah an die Originaloptik
kommen will, erste Wahl. Über die Fertigungsqualität
kann ich an dieser Stelle
keine Aussage treffen, da ich noch keine Anlage zur näheren
Inaugenscheinnahme
da hatte. |
MB-DEVELOPMENTS |
Wie
alle Bratwurst-Produktionen, seiner eigenen Meinung nach das
Non+Ultra.
Sportiv-formschön, gegossene Ankerplatte mit
außenliegender und schwimmender
Scheibe in Fahrtrichtung rechts. Hochwertige Komponenten, abgesehen von
den MB-selbstproduzierten Gussteilen (welche oft die
Oberflächenstruktur eines
Orion-Mondes nachahmen). Schönes, in Europa entwickeltes und
produziertes Teil
mit guter Passform und Wirkung. Nachteil sind der durch den
Umtauschkurs
bedingte hohe Preis und die ungünstige Handpostion (welche
sich durch
Nachbearbeitung des Hebels beheben lässt). |
SCK |
Der
MB-Anlage nicht unähnliche Lösung
– allerdings mit geschweißter
Ankerplatte. Mir persönlich ist ein Fall bekannt, bei dem
diese Schweißnaht
riss. Was bei Auspuffanlagen passieren kann, ist im Fall von
Bremsanlagen ein
"NoGo". Für Rücksprache vielleicht einfach Kontakt
mit dem
freundlichen Team vom SCK aufnehmen. |
PM-Tuning |
Hightech-Bremse
aus
Alu gefräst. Ursprünglich für das S5-Projekt
als Doppelscheibenbremse mit 'Antidive'
entwickelt, gibt es auch eine Einzelscheibenversion, dessen Antidive,
diese
Bremse interessant macht. Gewöhnungsbedürftig ist die
futuristische Optik, als
Nachteil sind der Einzelkolbenbremssattel, sowie der hohe Preis zu
sehen. Die
Montage der Antidive-Halterung sollte nicht durch Laien geschehen. |
Jockeys Boxenstop Bremse |
Von dem
süddeutschen Rollerladen entwickelte und
vertriebene Bremse. Zum
Zeitpunkt der Textverfassung auf Grund von Überarbeitung nicht
lieferbare
Anlage, deren Hauptvorteil die Bremsscheibe in Fahrtrichtung links sein
dürfte,
welches ein komplettes "cleanen", der rechten Seite erlaubt. Laut
Aussage einiger Nutzer sehr positive Anlage, die durch
Unauffälligkeit glänzt. |
Stoffis Garage |
Die
österreichische Tuningschmiede bietet zwei
Versionen ihrer in Fahrtrichtung
rechts angeschlagenen Bremse. Sowohl als "antidive", als auch als "standard".
Sauber gearbeitet, hochwertige Komponenten und Doppelkolbensattel sind
die
Hauptvorteile. |
ScootRS |
Die Preisbrecher-Bremse aus Asien mit Doppelkolbensattel und als einzige, außer der MB (und eingeschränkt der Jockey) mit Komplettausstattung. Die Entscheidung zu dieser Bremse fiel über den Preis. Über die technischen Details erfährt man mehr im folgenden Text. Eine Warnung hierzu sei noch ausgesprochen!!! Man sollte die Bremse auch wenn sie als Neuteil offeriert wird nicht über ebay/etc. ersteigern, da dort offensichtlich Ausschussware vertrieben wird, sondern direkt vom Hersteller oder einem anerkannten Importeur. (Insbesondere sei hier vor dem Anbieter "Bluemoon" gewarnt!) |
Wie
immer, wenn
es um technisch anspruchsvolle Arbeiten geht, begibt sich Klara mit
ihrer
Lambretta in die superausgestattete Werkstatt der Firma PLANET
SCOOTER in Hagen.
Als erstes wird die Lambretta (in diesem Fall eine Serveta mit Trommelbremse) auf die Bühne gestellt und man demontiert das Vorderrad sowie die Trommel.
Ebenfalls die Lenkkopfabdeckung und die Kaskade müssen demontiert werden, um an die Lenkerinnereien zu gelangen.
Anschließend wird der Lichtschalter abgebaut (Zeichnung oder Foto der Anschlüsse zur Sicherheit machen) um die Halterung für den Hauptbremszylinder (im Kit enthalten) zu wechseln.
Schon kann die Montage der Neuteile beginnen.
Die dem Kit beigelegte Gummibremsleitung fand kurz nachdem sie einen ersten, schüchternen Blick in die europäische Sonne warf wieder in ein dunkles Verlies geworfen (den Mülleimer), da sie einfach unseren Ansprüchen nicht gerecht wird. Ersetzt wurde sie durch eine 100cm lange Stahlflexleitung von Polo mit entsprechenden Fittings. Mit einer entsprechend, langen Leitung kann man auch den Lauf des originalen Bremsseils nachahmen, mir persönlich gefällt die "reverse-pull" ähnliche Lösung besser.
Das Loch
für
die Leitungsdurchführung wurde wie auf dem folgenden Bild
gezeigt gewählt.
Hierzu
fräßt man den unteren Lenkkopfteil mit einer
Fräse entsprechend aus und
passt, falls noch Spannung vorhanden sein sollte, das Oberteil mit
einer
Rundfeile an. Diese Position des Lochs bietet den Vorteil das man die
Leitung
in einem sanften Bogen zwischen Tacho und Scheinwerfer in den unteren
Bereich
durchführen kann. Auch erlaubt diese Position, die simple
Umrüstung auf einen
formschöneren, kleinen Grimeca-Geber
(welcher für den ScootRS eigenen Halter modifiziert werden
muss !).
Häufig sieht man das die Leitung rechtwinklig in den Lenkkopfausleger zurückgeführt wird – neben den Platzproblemen kann die Leitung auf Dauer hierbei mit dem Gasgestänge/Rolle in Berührung geraten und Schaden nehmen.
Anschließend montiert man in umgekehrter Reihenfolge Gasrolle/Schalter etc.
Die
Bremsleitung
wird hinter der Kaskade mit Kabelbindern fixiert und wo nötig
(in
Bewegungsbereichen) mit Gummi ummantelt/geschützt. Somit ist
die Montage im
"Oberstübchen" erst mal abgeschlossen und wir wenden uns dem
Erdgeschoss
zu. Das
ScootRS-Kit gibt es in verschiedenen Versionen welche für die
unterschiedlichen
Forklink-Typen konzipiert sind (Im Falle der Serveta >Trommel
mit Dämpfer<).
Die vormontierte Trommel wurde auseinander gebaut (mehr aus Neugier als Notwendigkeit) und neu gefettet und der schwimmende Sattel mit Loctite gesichert. Anschließend wurde wie beim Reifenwechsel das Rad aufgezogen und in die Gabel eingeführt. Hierzu musste man etwas druck nach Außen auf die Forklinks ausüben, um die Trommel einzufädeln.
Anschließend zeigte sich, dass das Rad schräg steht.
Durch nochmaliges lösen der Trommelmuttern und akkurates Ausrichten wurde der Schiefstand behoben. (Bei komplett neumontierten Gabeln/Innenleben kommt man, um eine Überprüfung der Abstände/etc. nicht herum – und der Fehler dürfte meistens im Bereich der Anschlaggummis bzw. Forklinks selber zu finden sein).
Nachdem
das Rad gerade und mittig steht, wird die Leitung fest angeschlossen
und die
Bremse entlüftet. Ein Job der zu zweit leichter und angenehmer
durchzuführen
ist. Am besten hierbei das Beinschild mit einem Tuch abdecken, um den
Lack vor
Schäden durch die Bremsflüssigkeit zu
schützen.
Als letzten Schritt bastelt man sich einen Abstandhalter für die Leitung, um zu garantieren das diese sich jeder Zeit berührungsfrei bewegt, und somit vor Verschleiß/Beschädigung geschützt ist.
Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten: Zum einen kann man sich sündhaftteure Spezial-Edelstahlteile in GB bestellen, wie ich eine ultra-rare Choke-Kabeldurchführung aus einer TV1 nehmen oder sich einfach eine Halterung aus einer Fahrradspeiche biegen. Befestigt wird diese an der oberen Stoßdämpfer-Aufnahme, sodas die Leitung über den kompletten Bereich frei schwingen kann, falls dies nicht der Fall ist, leicht nachjustieren.
Fertig!
Im
Fahrbetrieb
überzeugt die Bremse mit gutem Druckpunkt, das auf den ersten
Metern ungewohnte
Einlenken durch das höhere Gewicht verflüchtigt sich
schnell. Nach ein paar
Runden auf dem Nürburgring ließ sich auch kein
Fading feststellen. Auch Groß-Glockner
Abfahrten sind mit dieser Bremse eine Wonne. Bisher zeigt sich kein
nennenswerter Verschleiß. Einziges Manko ist das, durch das
Fehlen eines
anti-dive, verursachte starke Bremsnicken.
Fazit ein sinniges Sicherheitsfeature zu einem guten Preis! Die Ankerplatte sieht massiv genug für eine Umrüstung auf anti-dive aus! Aber das ist eine andere Geschichte, die Klara vielleicht eines Tages erzählt...
Vielen Dank an das Team von Planet Scooter!
Eure
Klara Himmel
Bei
Fragen: info@hidden-power.de